Der persönliche Sekretär des wegen seiner Sympathien für die rebellierenden Studenten in Ungnade gefallenen chinesischen Spitzenpolitikers Jâo Zïyang 趙紫陽 (1919-2005) hat dessen Erinnerungen an den Tiänanmën-Zwischenfall vom Juni 1989 publiziert — zeitgleich auf englisch und chinesisch. Allerdings nicht in der Volksrepublik, sondern in Hongkong. Von dort, so steht zu vermuten, wird sich das Buch mit dem englischen Titel „Prisoner of the State: The Secret Journal of Premier Zhao Ziyang“ in Windeseile auch in China selbst verbreiten.

Jâo war 1980 bis 1987 chinesischer Ministerpräsident und seit 1987 Generalsekretär der KPCh. Während der Studentenunruhen zeigte er erkennbar Sympathien für die jungen Leute und versuchte vergeblich, die blutige Niederschlagung zu verhindern. In der Folge wurde er für den Rest seines Lebens unter Hausarrest gestellt. Er nutzte die Zeit, um seine Sicht des Vorfalls auf Band zu sprechen — Grundlage für das jetzt erschienene Buch seines Sekretärs Bao Tung, der seinerzeit ebenfalls für sieben Jahre ins Gefängnis wanderte und immer noch unter Hausarrest steht. Ihm sind die möglichen Folgen seiner Publikation gleich — er möchte die Stimme seines Herrn nochmals laut werden lassen. Und was Jâo zu sagen hatte, ist für das kommunistische Regime nicht schmeichelhaft: Er trat für eine Demokratisierung Chinas nach westlichem Vorbild ein. Sein Plädoyer, besonders interessant in der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise, die auch China erfaßt hat, gibt ein BBC-Bericht wieder:

„Wenn wir uns nicht auf dieses Ziel hinbewegen, wird es unmöglich sein, die unnormalen Bedingungen in Chinas Marktwirtschaft zu lösen.“

Jâo Zïyang