Am 3. Mai durfte ich kurz in einer Sendung des japanischen Staatssenders NHK auftreten: Die Serie heißt „Japan Debut (JAPANデビュー)“, und in der 2. Folge ging es um „Kaiser und Verfassung“ in der Meiji-Zeit. Wir hatten dafür einen ganzen Tag lang in der Kieler Landesbibliothek gedreht, wo der Nachlaß von Lorenz von Stein liegt, der auf die japanische Verfassungsgebung in den 1880er Jahren einigen Einfluß ausübte. Für mich war es nach 1989 bereits der zweite NHK-Auftritt zum selben Thema. Dennoch blieben von der gesamten Aufzeichnung nur noch zwei kurze Äußerungen von mir stehen; so geht es nun einmal, wenn am Schneidetisch entschieden werden muß, was reinkommt und was nicht. | |
Schon am nächsten Tag fand sich der gesamte Text der Sendung als Abschrift auf einem rechtsradikalen Blog. Und zu meiner großen Überraschung wurde ich dort — gelobt. Allerdings auf recht zweifelhafte Weise. Der Verfasser kritisierte nämlich NHK dafür, daß in der gesamten Sendung keiner der Kommentatoren oder Sprecher, wenn es um den Kaiser (wohlgemerkt den 1912 verstorbenen Kaiser Meiji!) ging, den höflichen Ausdruck „kaiserliche Majestät“ (陛下) benutzt habe.
Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Ich hatte an dieser Stelle den an Lorenz von Stein gerichteten Brief eines kaiserlichen Kammerherrn referiert. Dieser hatte vor dem Kaiser und seiner Frau über Stein berichtet. Und dieses „der Kaiser und seine Frau“ habe ich als 天皇、両陛下 („die beiden kaiserlichen Majestäten“) wiedergegeben. So in etwa steht es in der Quelle. Auf keinen Fall aber habe ich so formuliert, um Rechtsradikalen nach dem Munde zu reden. Und schon gar nicht, um ihnen bei ihrer Hetze gegen liberale oder linke Historiker oder Journalisten beizustehen. |
(Am 15. Mai fanden hier und dort — einschließlich Taiwan — Protestkundgebungen japanischer Rechtsradikaler und ihrer Gesinnungsgenossen statt, in denen NHK und insbesondere „NHK Debut“ kritisiert wurden.