Neulich ist meine Mutter 105 Jahre alt geworden. Sie ist damit die zweitälteste Frau in der norddeutschen Stadt, in der sie lebt. Deshalb wurde sie von der dortigen Lokalzeitung interviewt. Die letzte Frage lautete: „Was ist der Sinn des Lebens?“
Geht’s vielleicht auch eine Nummer kleiner? Aber warum nicht. Meine Mutter antwortete:
Zu leben. Jede Tag neu und jeden Tag mit Freude.
Ruth Zöllner
Das fand ich nicht schlecht, wenn ich das in meinem vergleichsweise jugendlichen Alter sagen darf. Doch es gibt natürlich noch andere Ansätze, um zu erkennen, was dem Leben Sinn verleiht. Einen solchen Ansatz, das japanische Konzept des Ikigai 生き甲斐, haben zwei Studentinnen der Technischen Universität Dortmund für ihre Abschlußarbeit im Fach Journalistik untersucht. Jana Niehoff und Sophia Klimpel Akahoshi nahmen das in Deutschland zum Bestseller gewordene Buch Ikigai: Die japanische Lebenskunst (japanisch zuerst 2017) des Neurowissenschaftlers und tarento Mogi Ken-ichirō 茂木健一郎 zum Ausgangspunkt ihrer Recherche. Mogi führt darin auf bemerkenswert lockere Weise in dieses Konzept ein, ohne es japanzentrisch zu überhöhen. Sehr treffend finde ich darin z.B. seine Ausführungen über japanische Whiskybars. Insofern ist das auch von meiner Seite aus ein Lesetip.
Die Abschlußarbeit der beiden jungen Journalistinnen war jedoch eine knapp halbstündige filmische Dokumentation, die auf Youtube zugänglich ist und schon deshalb von mir gern empfohlen wird, weil ich darin vorkomme. Im Ernst: Das Gesellenstück ist ihnen sehr gut gelungen, sehr informativ und wirklich sehenswert.
Beitragsbild: Mogi Ken (links) und Reinhard Zöllner 1984 gemeinsam auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Aufgenommen auf dem Interuni-Seminar in Shin-Kashi, Präfektur Fukushima („Glücksinsel“).