Google dachte sicher, mit der Verknüpfung seiner „Google Earth“-Karten mit historischem Kartenmaterial reine Freude zu bereiten … und übersah, daß alte Karten in manchen Gesellschaften brisantes Material darstellen können. So im Falle Japans. Seit Anfang Mai steht Google heftig dafür in der Kritik, daß es den Zugang zu Edo-zeitlichen Karten (die anderswo längst im Internet zu finden sind) mit heutigen Straßenkarten verknüpft hat. So wird es möglich, herauszufinden, ob bestimmte Orte früher einmal als Siedlungen der diskriminierten Minderheiten (im Ostteil Japans als „Eta“ bezeichnet) dienten. Perverser Weise soll es immer noch Personalchefs in japanischen Unternehmen geben, die solche Informationen suchen und für Personalentscheidungen mißbrauchen — oder auch Privatdetektive, die den sozialen Hintergrund von Brautleuten beleuchten sollen. Das japanische Justizministerium als offizielle Stimme der japanischen Antidiskriminierungspolitik prüft juristische Schritte gegen Google — erneuter Ärger nach den Klagen über die Verletzung der Privatsphäre durch Googles Street View.
Während der externe Kartenanbieter behauptet, die Hinweise auf solche Sondersiedlungen entfernt zu haben, zeigt der von mir angefertigte Bildausschnitt, daß dies jedenfalls bis heute noch nicht der Fall ist. Andererseits: Es wird sich auch jeder denken können, was weiße Flecken auf einer solchen Karte zu bedeuten haben. Übrigens läßt der heutige Straßenverlauf dieser Gegend nichts erkennen, was auf eine sozialhistorische Kontinuität der Siedlungsstruktur hinweisen könnte. Doch Vorurteile sind leider zählebige Konstrukte.

Etamura
Eta-Dorf im alten Edo