Trotz aller epidemischer und kriegerischer Krisen: Auf Japans Bürokratie ist Verlaß! Eine gute Nachricht für alle Japanreisenden.

Fall 1: Eine renommierte staatliche Universität in Japans alter Kaiserstadt hat mich zu einem Vortrag eingeladen. Dafür will man mir ein bescheidenes Honorar — sharei 謝礼 — zahlen. Natürlich versteuert. Am liebsten auf mein japanisches Bankkonto. Aber selbst die Angabe aller Bankdaten und die Übersendung eines Bankauszuges kann eine Hürde für die Auszahlung nicht beseitigen: Ich soll eine Kopie meines Kontobuchs (tsūchō 通帳) vorlegen. Damit man sich sicher sein kann, daß es auch wirklich mein Konto ist … liegt das nicht vor, muß die Auszahlung in bar erfolgen …

Fall 2: Eine renommierte private Universität in Japans neuer Kaiserstadt will mir Reisekosten erstatten. Dafür muß ich aber sämtliche Bordkartenabrisse (hanken 半券) einreichen. Einen dieser Abrisse, nämlich den ersten für die kürzeste Strecke von Berlin nach London, habe ich aber verloren … Da hilft selbst das Argument nicht weiter, daß bekanntlich das Umsteigen in den nächsten Flieger nur möglich ist, wenn man den vorigen Flieger benutzt hat …

Fall 3: Die Kreditkarte, die mir die japanische Post Anfang dieses Jahres für mein Konto (s. Fall 1) zugestellt hat, ist angeblich beschädigt. D.h., ich kann sie überall benutzen, nur nicht bei der Post selbst. Um dort Geld abheben zu können, brauche ich deshalb mein Kontobuch (s. Fall 1). Um eine neue Karte zu beantragen, brauche ich aber (1) außer dem Kontobuch auch (2) meinen Ausländerausweis (zairyū kādo 在留カード) und (3) mein Siegel (hanko 判子), mit dem ich dieses Konto vor 10 Jahren eröffnet habe … und das liegt jetzt in Berlin … weil ich ja nicht wissen konnte, daß meine Kreditkarte so schnell kaputtgehen würde …

Die Welt wäre definitiv ärmer, gäbe es die japanische Bürokratie nicht. Oder halt, das stimmt ja nicht. Ohne die japanische Bürokratie hätte ich schon längst meine Reisekosten erstattet, mein Honorar überwiesen und Bargeld ausgezahlt bekommen. Aber es geht ja nur um schnödes Geld. Nicht um die Beantragung eines Touristenvisums, die Anmeldung einer Eheschließung oder einer Geburt oder sonstiger Dinge, bei denen sich die japanische Bürokratie als so wunderbar flexibel erweist … Lassen wir es lieber.