Regierungswechsel in Japan sind etwas sehr Rares. Der letzte erfolgte 2012. Seither hatte die liberaldemokratische Partei nie Schwierigkeiten, eine parlamentarische Mehrheit zu gewinnen. Bei der Unterhauswahl, die am 27. Oktober 2024 stattfand, war dies anders. Die Liberaldemokraten erhielten nur 191 der 465 Sitze, das sind 56 weniger als zuvor. Die mit ihnen verbündete buddhistische Kōmeitō erhielt 24 statt 32. Zusammen mit nur noch 6 statt 16 regierungsnahen Unabhängigen ergibt dies 221 Sitze und damit deutlich weniger als die absolute Mehrheit. Die Mehrheit liegt nun bei der bisherigen Opposition. Insbesondere die Konstitutionell-Demokratische Partei unter Führung des ehemaligen Ministerpräsidenten Noda Yoshihiko 野田佳彦 erhielt satten Zuwachs, nämlich 50 Sitze mehr, und hat jetzt 148 Sitze.
Für den gerade erst am 1. Oktober ins Amt gerückten Ministerpräsidenten Ishiba Shigeru 石破茂 ist dieses Ergebnis natürlich eine Katastrophe. Ihm persönlich kann man für die Wahlniederlage allerdings kaum die Schuld geben. Die LDP hatte durch eine weite Teile der Parteispitze betreffende Parteispendenaffäre massiv Sympathien verloren, hinzu kamen die schlechte Wirtschaftslage mit einer für japanische Verhältnisse ungewöhnlich hohen Inflation und Sorgen über die außenpolitische Lage. Die an sich wenig experimentierfreudige Wählerschaft trieb dies so um, daß sie Ishibas Entscheidung, direkt nach seinem Wechsel ins Ministerpräsidentenamt Neuwahlen anzusetzen, dazu nutzten, um die LDP abzustrafen.
Nun ist allerdings noch nicht klar, ob daraus wirklich wie 1999 und 2006 ein Regierungswechsel resultiert. Die LPD, immer noch die größte Partei im neuen Parlament, könnte sich eine Oppositionspartei als Koalitionspartner suchen, um die Mehrheit zu gewinnen. Bei den kleineren Parteien gäbe es dafür durchaus einige Kandidaten. Es wäre allerdings auch denkbar, daß die Opposition sich wie 2009 zu einer Mehrparteienkoalition zusammenrauft, um ihre Chance zu nutzen. Das ist unwahrscheinlich und dürfte vermutlich auch bald scheitern; aber warum nicht. Ob auf der Regierungs- oder Oppositionsbank: Für die LDP wird es jetzt unbequem.
Das Beitragsbild stammt von mir und zeigt Wahlkampfplakate aus dem Jahr 2016.