Seit Juli 2024 sind in Japan drei neue Banknoten im Umlauf, die den seit 40 Jahren vertrauten Anblick der japanischen Währung verändern. Allerdings bleiben die Leitbilder im selben Zeitraum wie bisher, nämlich von der Meiji- bis zur frühen Shōwa-Zeit. Den 1.000-Yen-Schein ziert jetzt statt des anglophilen Schriftstellers Natsume Sōseki (1867–1916) das Porträt des Bakteriologen Shibasaburō Kitasato (1853–1931), der an der Berliner Universität mit Robert Koch und Emil von Behring bahnbrechende Forschungen begann und in Japan als Symbolfigur der modernen westlichen Medizin berühmt ist. Auf dem 5.000-Yen-Schein ist jetzt anstelle des christlichen Kulturphilosophen und Pädagogen Nitobe Inazō (1862–1933) die Pädagogin Tsuda Umeko (1864–1929) zu sehen, die 1871 als eine der ersten Japanerinnen zum Studium in die USA entsandt wurde. Sie wurde dort ebenfalls Christin, war vorübergehend Mitarbeiterin von Itō Hirobumi und gründete 1900 eine eigene Frauen-Hochschule, das Tsuda-Juku, die seit 1948 als Universität anerkannt ist. Dem 10.000-Yen-Schein gibt jetzt Shibusawa Eiichi (1840–1931) das Gesicht, der als Unternehmer und Bankier den frühen japanischen Kapitalismus maßgeblich geprägt hat. Er löst den Journalisten und Philosophen Fukuzawa Yukichi (1835–1901) ab, der an der Einführung westlichen Gedankenguts im modernen Japan enormen Anteil hatte.

Shibusawa war bereits seit den 1960er Jahren mehrfach als Banknoten-Bild im Gespräch. Zwischen 1902 und 1904 zierte Shibusawas Porträt die 1-, 5- und 10-Yen-Banknoten der ersten Nationalbank, die im Kaiserreich Korea ausgegeben wurden. Diese Banknoten wurden später durch die koreanische Zentralbank unter der Führung von Ito Hirobumi ersetzt. In Korea gab es jetzt Stimmen, die seine Auswahl kritisierten.

Vorderseite des alten 10.000-Yen-Schein: Fukuzawa Yukichi (1835–1901)
Vorderseite des neuen 10.000-Yen-Scheins: Shibusawa Eiichi (1840–1931)

Im Tausch des Philosophen Fukuzawa gegen den Finanzmagnaten Shibusawa mag man ein Zeichen für den Triumph des Geldes über den Gedanken sehen. Aber Shibusawa war durchaus kein stumpfer Materialist. Er sah sich als Unternehmer konfuzianisch geprägt. Im Jahr 1916 schrieb er ein Buch über „Die Analekten und der Abakus“ (論語と算盤). Als Analekten werden die aufgezeichneten Gespräche des Konfuzius bezeichnet. Shibusawa entwickelte die „Theorie der Vereinigung von Moral und Wirtschaft“ (道德經濟合一說) und vertrat Shibusawa die (eigentlich nicht konfuzianische) Idee, daß Ethik und Gewinn miteinander vereinbar seien. Wohlstand dürfe aber nicht zur Monopolisierung von Gewinnen führen, sondern müsse dem gesamten Land zugutekommen, indem er der Gesellschaft zurückgegeben werde. An einer Schlüsselstelle des Werkes heißt es:

„Was ist die Quelle des Reichtums? Es sind Menschlichkeit und Moral. Wenn der Reichtum nicht auf korrekten Prinzipien beruht, kann er nicht dauerhaft sein.“

Rückseite des alten 10.000-Yen-Scheins: Phönix
Rückseite des neuen 10.000-Yen-Scheins: Bahnhof Tōkyō (Marunouchi)

Die Rückseite des 10.000-Yen-Scheins zeigt übrigens auch einen durchaus wesensverwandten Themenwechsel. Anstelle des Phönix vom Hauptgebäude des Kinkakuji in Kyōto, zugleich Symbol der buddhistischen Erwartung der Wiedergeburt aus der Asche und der politisch-kulturellen Blüte dieser Stadt, ist jetzt das Empfangsgebäude des Bahnhofs Tōkyō im Ortsteil Marunouchi zu sehen. Es ist bekanntlich angeblich dem Hauptbahnhof von Amsterdam nachempfunden und wurde seinerseits zum Vorbild des in der Kolonialzeit errichteten Bahnhofs von Seoul.

Leicht zu erkennen sind die neuen Mittel, mit denen die Fälschungssicherheit verbessert werden soll. Bemerkenswert ist, daß die alten Schriftzeichen für 10.000 壱万 an den Rand verdrängt wurden und nun die international leicht identifizierte arabische Zahl hervorgehoben wurde. Außerdem steht darunter jetzt auf englisch „Bank of Japan“. Wasserzeichen, Hologramme, Mikroschrift, taktile Merkmale und Lumineszenz-Effekte kommen hinzu.

Einen Ersatz für den im Jahr 2000 eingeführten 2000-Yen-Schein gibt es übrigens nicht. Er ist der einzige Schein ohne Porträtbild, hat sich aber im Alltag trotz seiner wunderschönen graphischen Gestaltung nicht durchgesetzt.