Der Sicherheitsrat konnte am 28. März 2024 keine Resolution zur Verlängerung des Mandats des Expertenpanels für den Nordkorea-Sanktionsausschuß bis April 2025 verabschieden, da Rußland sein Veto einlegte. Dies wurde von vielen Rednern als vertrauensuntergrabend und schädlich für die globale Nichtverbreitung von Nuklearwaffen kritisiert. Die USA betonten die bisherige Einstimmigkeit bei der Mandatsverlängerung und Nordkoreas beschleunigte Waffenprogramme. Rußland argumentierte, die Situation habe sich geändert und die Sanktionen seien ineffektiv und belastend für die Bevölkerung. Südkorea warnte vor den Folgen einer Abschaffung des Panels. Der Resolutionsentwurf wurde mit 13 Ja-Stimmen, einer Gegenstimme (Rußland) und einer Enthaltung (China) abgelehnt. Die USA zeigten sich enttäuscht und warnten vor einer Ermutigung Nordkoreas, während China die Wirksamkeit der Sanktionen generell in Frage stellte.

Infolgedessen wird der Abschlußbericht des Panels an den Sicherheitsrat vom 4. März 2024 tatsächlich der allerletzte sein. Zwischen Juli 2023 und Januar 2024 verschärften sich demnach die militärischen und politischen Spannungen auf der koreanischen Halbinsel weiter. Nordkorea setzte seine Mißachtung der UN-Sanktionen fort, entwickelte sein Atomwaffenprogramm weiter und führte mehrere Raketentests durch, einschließlich der erfolgreichen Plazierung eines Militärsatelliten im Orbit. Das Land verstieß weiterhin gegen maritime Sanktionen und importierte raffinierte Erdölprodukte. Der Handel erholte sich, wobei das Handelsvolumen 2023 das von 2022 übertraf. Das Expertenpanel untersucht Berichte über Waffenlieferungen Nordkoreas und zahlreiche Cyberangriffe auf Kryptowährungsunternehmen, die vermutlich zur Finanzierung von Massenvernichtungswaffen beitragen. Zudem wurden Fälle von im Ausland arbeitenden nordkoreanischen Staatsangehörigen und illegale Finanzoperationen untersucht. Das Panel stellte auch fest, daß die UN-Sanktionen unbeabsichtigt die humanitäre Situation im Land beeinflußt haben, deren Verschlechterung von den meisten Beobachtern bestätigt wurde.

Das Panel berichtet allerdings auch, daß Rußland in zahlreichen Fällen gegen die UN-Sanktionen verstoßen habe. Koreanische Politiker, angefangen von Kim Jong Un persönlich, durften im September 2023 nach Rußland einreisen, angeblich, um eine Universität in Wladiwostok zu besuchen, die nach russischen Angaben aber keinerlei akademische Beziehungen nach Nordkorea unterhält. Kim und Wladimir Putin beschenkten einander bei diesem Anlaß mit Gewehren. Der russische Handel mit Nordkorea stieg mutmaßlich an (seit dem Beginn des Ukraine-Krieges 2022 veröffentlicht Rußland keine Daten mehr über seinen Außenhandel, und 98 Prozent des nordkoreanischen Handels laufen offiziell mit China). Es gibt Hinweise auf nordkoreanisch-russische Waffengeschäfte, möglicherweise unter Einbezug eines slowakischen Waffenhändlers. Zu Land und See sollen nordkoreanische Waffen und Munition nach Rußland transportiert und im Kampf gegen die Ukraine verwendet werden. Allerdings setzte die Ukraine im Sommer 2023 offenbar ihrerseits nordkoreanische Raketen gegen Rußland ein, die angeblich aus einer abgefangenen Waffenlieferung an Rußland stammten. So ist das Leben. Jedenfalls hat Rußland viele Gründe, eine weitere Aufklärung seiner Beziehungen zu Nordkorea verhindern zu wollen. Der Bericht erwähnt Rußland 477 Mal, China nur 238 Mal und die USA 32 Mal.

Aber auch die palästinensische Hamas hat offenbar nordkoreanische Waffen erhalten und bei ihrem Kampf gegen Israel eingesetzt.

Allen Sanktionen zum Trotz halten sich dem Bericht zufolge immer noch 100.000 Nordkoreaner als devisenbringende Arbeitskräfte in etwa 40 Ländern auf. Sie dienen (wie aus anderen berichtet, häufig unter sklavenartigen Bedingungen) als Bauarbeiter, Landarbeiter, Näher(innen) und Krankenpfleger(innen) und erwirtschaften dadurch jährlich 500 Mio. US-Dollar. „Diese Arbeiter werden zunächst mit einem Studenten- oder Touristenvisum entsandt; einige benutzen falsche Nationalitäten und Ausweise.“ Kryptisch fährt der Bericht fort: „Die überwiegende Mehrheit arbeitet Berichten zufolge in zwei Ländern.“ Welche Länder das sind, bleibt ungesagt, aber wir dürfen vermuten, daß China dazugehört. Und es gibt noch ungefähr 3000 IT-Spezialisten, die in Übersee arbeiten und branchenübliche großartige Gehälter von mindesten 100.000 Dollar beziehen. Weitere 700 Mio. US-Dollar erwirtschaften nordkoreanische Restaurants in mindestens 5 Ländern: darunter China, Laos und Rußland. Auch dabei wird kräftig getrickst und getäuscht: Ein früher einen koreanischen Namen tragendes Restaurant in Vientiane heißt heute ganz harmlos „Tokyo Sushi & Teppanyaki“.

Das Beitragsbild von „Hotel Kaesong“, veröffentlicht 2012 auf Flickr, zeigt die Stadt Rajin im Norden Nordkoreas. Von hier aus gehen nordkoreanische Waffen nach den Erkenntnissen des Panels auf ihre Reise an die ukrainische Kriegsfront.