Der Gouverneur von Japans Hauptstadtpräfektur Tokyo, Ishihara Shintarō (LDP), bekannt durch zahlreiche gezielte verbale „Ausrutscher“, hat wieder mit einer kryptofaschistischen Äußerung geglänzt. Weil Japans Regierungskoalition überlegt, Ausländern das kommunale Wahlrecht zuzugestehen, unterstellt er den sie tragenden Parteien mangelnden Patriotismus; kein Wunder für ihn, denn, so äußerte er drei Tage vor Hitlers Geburtstag:
Gibt es Abgeordnete, die eingebürgert (kika 帰化) wurden oder die Kinder von Eltern sind, die eingebürgert wurden? Unter den Parteivorsitzenden oder Führungskräften der Regierungsparteien gibt es viele davon.
Mit dem Ausländerwahlrecht würden diese Politiker „vielleicht ihre Pflicht gegenüber ihren Vorfahren erfüllen ご先祖への義理立てか知らない“.
Vor einem Jahrzehnt war Ishihara schon durch die unsägliche Verwendung des Wortes „Drittstaater“ (sangokujin 三国人; ein Schimpfwort für nach dem Krieg in Japan verbliebene Menschen aus den ehemaligen japanischen Kolonien Korea und Taiwan) aufgefallen. Nun schürt er erneut rassistische Vorurteile.
Geht es noch primitiver? — Natürlich, immer. Bewiesen hat dies die rechtslastige Zeitung Sankei Shinbun 産経新聞, die als einzige japanische Tageszeitung am 22. April berichtete, der Schulbuchverlag Nihon Shoseki Shinsha 日本書籍新社 werde in diesem Jahr kein Schulgeschichtsbuch mehr herausgeben. Denn weil dessen Geschichtsbücher „auf einem masochistischen Geschichtsbild“ beruhten, gebe es so gut wie keine Gemeinde mehr, die sie im Unterricht einsetzen wolle — ganz anders als im Tokyo vor Ishihara; damals waren Nihon Shoseki-Geschichtsbücher allgemein verbreitet. Bis heute blieben sie (als einzige im Mittelschulbuch-Markt) standhaft dabei, Japans Invasion in China, Militärprostitution und erzwungenen Massenselbstmord auf Okinawa im Zweiten Weltkrieg zu behandeln. Der Sprecher des rechtsradikalen „Vereins zur Schaffung neuer Schulbücher“, Fujioka Nobukatsu, feiert laut Sankei das Ende dieser liberalen Tradition als ein Zeichen für ein neues historisches Bewußtsein bei den kommunalen Erziehungsausschüssen.
Schon 2004 ging Nihon Shoseki pleite, weil Rechtsradikale die Bücher des Verlags wegen „Geschichtsmasochismus“ boykottierten. Es ist erschreckend, welche Triumphe kryptofaschistische Politiker und ihre Medien im heutigen Japan feiern können.