Erstmals seit 1907 wurde das japanische Sexualstrafrecht reformiert. Die Änderungen traten am 13. Juli 2017 in Kraft. Der bisherige Begriff für „Vergewaltigung“ (gōkan 強姦) wurde dabei nicht nur durch den neuen Begriff „gewaltsamen Geschlechtsverkehr und dergleichen“ (kyōsei seikō tō 強制性交等) ersetzt, sondern auch inhaltlich neu gefaßt. Denn der alte Begriff war in Par. 177 des Strafgesetzbuchs wie folgt definiert:
Wer an einer Frau ab 13 Jahren unter Anwendung oder Androhung von Gewalt Unzucht verübt, wird wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 3 Jahren verurteilt. Ebenso wird bestraft, wer Unzucht an einer Frau unter 13 Jahren verübt.
Der Tatbestand bezog sich also nur auf Verbrechen gegenüber Frauen. Da dies nicht nur im Gesetz, sondern schon in der sinojapanischen Schreibung der Begriffe „Vergewaltigung“ und „Unzucht“ (kan-in 姦淫) inhärent war — beide enthalten das Zeichen 姦 (kan), das aus dem Zeichen für „Frau“ 女 zusammengesetzt ist und „illegitimen Geschlechtsverkehr mit Frauen“ bezeichnet –, mußte ein neuer Begriff her, um auch Straftaten gegenüber Männern erfassen zu können. Die beiden alten Begriffe wurden gegen „gewaltsamer Geschlechtsverkehr und dergleichen“ (kyōsei seikō tō) ausgetauscht. Zudem wurde die Mindeststrafe auf 5 Jahre erhöht. Der neue Par. 177 lautet jetzt deshalb:
Wer an einer Person ab 13 Jahren unter Anwendung oder Androhung von Gewalt Geschlechtsverkehr, Analverkehr oder Oralverkehr (im folgenden „Geschlechtsverkehr und dergleichen“) verübt, wird wegen gewaltsamen Geschlechtsverkehrs und dergleichen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 5 Jahren verurteilt. Ebenso wird bestraft, wer Geschlechtsverkehr und dergleichen an einer Person unter 13 Jahren verübt.
Anstößige Handlungen (waisetsu わいせつ) an minderjährigen Schutzbefohlenen waren bisher nur von Strafe bedroht, wenn sie unter Anwendung oder Androhung von Gewalt stattfanden. Diese Bedingung wurde jetzt gestrichen.
Bislang war Vergewaltigung ein reines Antragsdelikt (shinkokuzai 親告罪). Dies führte dazu, daß in zahlreichen Fällen überhaupt keine Anklage erhoben wurde. Von jetzt an können sexuelle Straftaten von Amts wegen verfolgt werden. Allerdings sollen die Strafverfolgungsbehörden laut Anweisung des Justizministeriums dabei den Willen des Opfers berücksichtigen.