Nur fassungslos kann man die „Ergebnisse der 328. Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz am 10. Dezember 2009“ zur Kenntnis nehmen. Die Kultusminister fordern in Übereinstimmung mit den deutschen Hochschulrektoren Änderungen an Bachelor- und Masterstudiengängen, die größere Studierbarkeit gewährleisten sollen. Im selben Atemzug ermorden sie ein Kernstück der deutschen akademischen Tradition: das Seminar.
In der zugehörigen Presseerklärung der KMK heißt es, Module (Kernstücke der Studienorganisation seit Bologna, die den Ausschlag für die Benotung der Studierenden bilden) seien
thematisch und zeitlich abgerundete, in sich geschlossene und mit Leistungspunkten belegte Studieneinheiten … Sie können sich aus verschiedenen Lehr- und Lernformen zusammensetzen (z. B. Vorlesungen, Übungen, Praktika, E-Learning, Lehrforschung etc.). Zur Reduzierung der Prüfungsbelastung werden Module in der Regel nur mit einer Prüfung abgeschlossen, deren Ergebnis in das Abschlusszeugnis eingeht. In besonders begründeten Fällen können auch mehrere Module mit einer Prüfung abgeschlossen werden.
In der heutigen Berichterstattung der deutschen Medien ist diese Formel teilweise noch verkürzt worden, z.B. in der „FAZ“: Module bestünden aus „Vorlesungen, Übungen, Praktika“.
Und warum? Weil das Seminar nicht in das Konzept der Verschulung paßt. Weil man die Leistungen in einem Seminar nicht in Modulabschlußprüfungen — also Massenklausuren mit Ankreuzsystem — bewerten kann. Weil es in einem Seminar auf ein halbes Jahr kontinuierlicher gemeinsamer Denk-Arbeit ankommt. Und das soll, so muß man jetzt schließen, nach Bologna nicht mehr zählen.
Und so wird der 10. Dezember 2010 als der Tag in die Wissenschaftsgeschichte eingehen, an dem die letzten Rest der deutschen Idee der Universität zu Grabe getragen wurden.