Die ostasiatischen Länder haben sich die Internationalisierung ihres Hochschulwesens vorgenommen; nicht nur aus idealistischen Gründen. Denn der einheimische Bildungsmarkt wird in China, Japan und Südkorea von der demographischen Entwicklung bedroht: Sinkende Studentenzahlen im Gefolge der abnehmenden Bevölkerungszahl stellen die Existenz vieler Bildungseinrichtungen in Frage. Deshalb sollen überall mehr ausländische Studenten angeworben werden. Dafür haben die nationalen Regierungen ehrgeizige Ziele definiert: In Japan soll die Zahl der einreisenden Studenten bis 2020 auf 300.000 (2012: 60.138) wachsen, in China auf 500.000 (2012: 88.979), in Südkorea bis 2023 auf 200.000 (2012: 59.472). Das sind für Ostasien zusammen genau 1 Million — gegenüber 286.207 im Jahr 2012 also 3,5 Mal so viel. Für die ausreisenden (also die eigenen) Studenten sind die Ziele weit weniger ehrgeizig: Nur Japan nennt hier eine konkrete Zahl, nämlich 120.000 (2012: rund 60.000). China, aus dem 2012 sage und schreibe 789.000 Studenten den Weg ins Ausland genommen haben, schweigt hierzu, und Südkorea möchte die Zahl (2012: 135.000) sogar reduzieren. Japan hat aus volkswirtschaftlicher Sicht hier am wenigsten Handlungsdruck, denn die Zahlen von 2012 zeigen, daß nur Japan eine positive Wanderungsbilanz besitzt.
Ob Auslandserfahrungen der eigenen Studenten nicht doch auch langfristig positive Auswirkungen auf die eigene Volkswirtschaft haben, ist natürlich eine ganz andere Frage. Denn die Studenten mit Auslandserfahrungen bringen wertvolle Kenntnisse und Kompetenzen aus ihren Gastländern zurück, die ihnen für ihren weiteren Lebensweg mit ziemlicher Sicherheit dienlich sein werden. Den nationalen Hochschulen ist dies allerdings ziemlich gleichgültig. Sie arbeiten im Auftrag ihrer Regierungen fieberhaft daran, für ausländische Studenten attraktiver zu werden. Hierzu gehören v.a. englischsprachige Studienangebote und Kurzzeitprogramme wie Summer Schools.
In Japan wird das Studienjahr nun Schritt für Schritt auf Quadrimester (!) umgestellt, damit ausländische Studenten ihre Sommerferien produktiv im Lande verbringen können. Allerorten werden zudem Kurse in „International Japanese Studies“ eingeführt.
Umgekehrt beginnt das große Geldsparen. Die Waseda-Universität hat jetzt beschlossen, etliche ihrer Auslandszentren — darunter auch das 1991 gegründete Europa-Zentrum in Bonn — zu schließen. Andere japanische Universitäten arbeiten daran, ihre Europaaktivitäten in einem gemeinsamen Netzwerk zu bündeln.
Gerade in Ostasien, wo das Bildungswesen zu einem erheblichen Teil als Bildungsmarkt verstanden wird, verschärft der demographische Wandel also den Druck zur Kommerzialisierung der Bildung. Sie wird nun wie ein Handelsgut wie alle anderen behandelt. Nirgends hat sich dies besser gezeigt als in der Äußerung des (ausgerechnet wegen Geldfragen mittlerweile aus dem Amt geschiedenen) ehemaligen japanischen Kultusministers Shimomura, für die Geisteswissenschaften bestehe volkswirtschaftlich kein Bedarf. Wer auch immer als Student nach Ostasien geht, sollte diese Zusammenhänge zumindest kennen.