In einer spektakulären Eröffnungsrede für den diesjährigen Asien-Dialog des International Institute for Strategic Studies hat der Ministerpräsident von Singapur, Lee Hsien Loong 李顯龍, am 29. Mai 2015 in Singapur Japan und seine Nachbarn aufgefordert, endlich den Zweiten Weltkrieg zu überwinden, um die Entwicklung der Region nicht länger aufzuhalten. Wörtlich sagte Lee:
Dieses Jahr ist der 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs. Der Krieg wirft immer noch einen Schatten über die Beziehungen zwischen den alten Gegnern, und besonders zwischen Japan und seinen Nachbarn Korea und China. Nach 70 Jahren ist es höchste Zeit, diese Geschichte endlich hinter uns zu bringen, genau wie es die Europäer getan haben. Dies erfordert Staatskunst und Großherzigkeit auf beiden Seiten.
Japan muß seine vergangenen Übeltaten anerkennen, und Japans öffentliche Meinung muß die empörendsten Interpretationen der Geschichte durch rechtsgerichtete Akademiker und Politiker deutlicher zurückweisen. Japan hat bereits in allgemeiner Form Reue oder die Bitte um Entschuldigung für den Krieg geäußert, einschließlich Ministerpräsident Murayama vor 20 Jahren beim 50. Jahrestag. Doch zu besonderen Problemen wie Trostfrauen und Nanjing-Massaker sind seine Positionen weniger eindeutig.
Zugleich müssen Japans Nachbarn Japans Entschuldigungen akzeptieren und nicht verlangen, daß Japan immer wieder um Entschuldigung bittet. Die Geschichte des Krieges sollte nicht benutzt werden, um Japan in die Defensive zu drängen oder um Feindschaften in zukünftige Generationen hinein zu verewigen. Nur mit Großherzigkeit können alle Seiten vorankommen, um Mißtrauen zu verringern und Kooperation aufzubauen.
Eine solche Versöhnung wird Japan auch helfen, ein normales Land zu werden, wie es dies wünscht.
(A.d.E. von Reinhard Zöllner)