Nachdem ein Gericht in Köln die Beschneidung minderjähriger Jungen als verbotene Körperverletzung gewertet hat, ist in Deutschland darüber eine heftige Diskussion ausgebrochen. Zu meinem Erstaunen erfuhr ich dabei, daß die Beschneidungsquote unter Männern in Südkorea aktuell bei 60 % liegt, in Japan dagegen bei weniger als 1 %. Ein koreanischer Arzt stellt fest:
South Korean male circumcision rate was less than 0.1% in the year 1950. In 2000, 95% of high school boys are circumcised. They were circumcised at around 12 years of age (with local anesthesia).
Die koreanische Wikipedia führt die Popularität der Beschneidung (hallyeo 割礼) in Südkorea auf die begeisterte Übernahme des US-amerikanischen Vorbildes in der Medizin nach 1945 zurück. Denn in den USA wurden seit Anfang des 20. Jhs. Beschneidungen routinemäßig an neugeborenen Jungen vorgenommen, weil man hygienische und medizinische Vorteile vermutete. Zweifel an diesen Vorteilen und Diskussionen über die Verträglichkeit der Beschneidung Minderjähriger mit deren Menschenwürde werden in Südkorea bis heute eher selten geäußert.
Wie auch immer: Im Augenblick wäre es offenbar relativ einfach, durch bloßen Augenschein einen südkoreanischen Mann von einem nordkoreanischen Mann zu unterscheiden. Denn in Nordkorea hat sich aus naheliegenden Gründen die amerikanische Auffassung vom Kindeswohl nicht durchgesetzt — in Japan auch nicht, und das macht nordkoreanische und japanische Männer einander wieder ähnlicher. Allen ideologischen Unterschieden zum Trotz.