Beim Aufräumen fiel mir eine Liste mit den Lehrveranstaltungen in die Hände, die ich als Geschichtsstudent in Kiel absolviert habe. Bevor sie endgültig verlorengeht, will ich sie hier, mit einigen subjektiven Kommentaren versehen, zum Besten geben. Natürlich in Dankbarbeit gegenüber allen, die mich damals geprägt haben.
(Mein zweites Studienfach war Latein. Mein dortiges Pensum werde ich an anderer Stelle auflisten.)
Vorlesungen im Grundstudium
Semester | Dozent | Titel | Kommentar |
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1981S | Kurt Jürgensen | Vom britischen Empire zum Commonwealth of Nations | Jürgensen war Geschichtsdidaktiker, aber mich interessierte v.a. sein Steckenpferd: die Geschichte des britischen Commonwealth. Die Vorlesung war anregend, wenngleich nicht über die Maßen originell. |
1981S | Bernhard Dahm | Der Aufstieg Japans zur Weltmacht (1853-1945) | Diese Vorlesung stellte für mich eine entscheidende Weiche auf meinem Lebensweg. Ich wollte etwas über die Geschichte meines Lieblingssportes Judo erfahren. Doch Dahm erkrankte während des Semesters, so daß die Vorlesung abgebrochen werden mußte, ehe wir zu der für mich entscheidenden Epoche kamen. Ich habe dann selbständig am Thema weitergearbeitet ... und als Dahm zurückkam, hat er mich nach Kräften darin unterstützt. |
1981W | Ulrich Lange | Verfassungs- und Sozialgeschichte der Neuzeit (1495-1610) | Lange war eigentlich Landeshistoriker aber in seinen Vorlesungen behandelte er (soweit ich daran teilnahm) die gesamte Reichsgeschichte. |
1981W | Michael Salewski | Deutschland und der West-Ost-Konflikt 1945-1955 | Salewski beeinflußte mich auf dem Gebiet der Neuen Geschichte sicher am stärksten. Er konnte geschliffen formulieren. Seine besten Stunden sind mir unvergeßlich. |
1981W | Frank Kolb | Die Provinzen des Imperium Romanum II (Ostprovinzen) | Kolb war ein Star. Seine Vorlesungen waren faszinierend, weil er seine archäologischen Arbeiten immer in die Lehre einfließen ließ -- seine Augen leuchteten, wenn er uns erzählte, was man in der Türkei noch heute so alles entdecken konnte. Streng war er auch. Mich schreckte das aber nicht. |
1982S | Hans Eberhard Mayer | Das Abendland im Zeitalter der Völkerwanderung | "Kreuzzugs-Mayer", wie ihn alle wegen seiner Meriten auf diesem Gebiet nannten, war der große Langweiler, wenn es um die Lehre ging. Weite Teile seiner Vorlesungen las er vom Blatt ab, unterbrochen von kleinen Episoden aus seinem Forschungsleben. Es kostete mich immer Überwindung, bis zum Schluß dazubleiben. |
1982S | Michael Salewski | Abrüstung, Rüstungskontrolle und Sicherheitspolitik 1899-1962 | Salewski hatte in seinen Vorlesungen oft kein großes Publikum. Themen wie dieses waren seinerzeit unter Studenten nicht gerade der Renner ... |
1982W | Helmut Grieser | Die Nachkriegsgeschichte der drei deutschen Staaten. Ein Vergleich | Griesers Thema war die innerdeutsche Geschichte nach 1945. Seine Thesen waren oft provozierend und gelegentlich anfechtbar. Beeindruckend war auf jeden Fall sein hohes persönliches Engagement und sein freundlicher Umgang mit Studenten. |
1982W | Erich Hoffmann | Schleswig-Holstein und Dänemark im Hoch- und Spätmittelalter | Hoffmann war die Kapazität auf dem Gebiet der Landesgeschichte. Trotz seines trockenen Vortrags waren seine Vorlesungen spannend, weil sie immer wieder Forschungsprobleme und deren Lösung aufzeigten. |
1983S | Helmut G. Walther | Das Abendland im 10. und 11. Jahrhundert | Walther war kein begnadeter Rhetoriker. Aber er war der einzige zu seiner Zeit, der Ansätze aus der Mentalitäts- und Alltagsgeschichte in die Lehre einbrachte. Das war für uns neu und spannend. |
Nach meiner Zwischenprüfung ging ich vom Winter 1983 bis Winter 1985 zum Studium an die Sophia-Universität in Tokyo.
Vorlesungen im Hauptstudium
Semester | Dozent | Titel | Kommentar |
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1983S | Frank Kolb | Geschichte des Mittelmeerraumes von den Römischen Kriegen bis zu den Gracchischen Reformen (264-133 v. Chr.) | |
1983S | Klaus Friedland | Archiv- und Aktenkunde. Mit praktischen Übungen | Friedland war als Leiter der Landesbibliothek ausgewiesener Spezialist für dieses Thema. Hilfswissenschaften konnte man in Kiel gut studieren -- und von Friedland habe ich gelernt, wie man den "deutschen Archivknoten" bindet (sehr nützlich im Leben!). |
1983S | Helmut G. Walther | Europa im 12. Jahrhundert | |
1983S | Bernhard Dahm | Geschichte Asiens im 19. Jahrhundert | |
1983W | Bernhard Dahm | Das Zeitalter des Imperialismus I | |
1983W | Helmut G. Walther | Das Mittelalter. Grundriß eines Zeitalters | |
1983W | Peter Nitsche | Vom Kiever Reich zum Moskauer Zarentum. Russische Geschichte von den Anfängen bis zum Endes des 16. Jahrhunderts | |
1985S | Helmut G. Walther | Politik und politisches Denken im Abendland im Zeitalter der Staufer (1130-1250) | |
1985W | Helmut G. Walther | Die Entstehung der Hohen Schulen und Universitäten im Hohen Mittelatler | |
1986S | Werner Paravicini | Europa im 14. Jahrhundert | Paravicinis Vorlesungen waren vorbildlich angelegt: Er stelle jedes Mal eine Urkunde oder Quelle vor, die er im weiteren Verlauf der Stunde interpretierte und in den größeren Zusammenhang der Vorlesung stellte. Ich habe mir immer vorgenommen, auch einmal so zu verfahren ... und es bis heute leider nicht geschafft. |
1986S | Hans Eberhard Mayer | Ausgewählte Probleme des englischen Mittelalters | Diese Vorlesung war so schlecht, daß ich sie ziemlich bald aufgegeben habe. Also nur der Vollständigkeit halber. |
1986W | Leonhard Schumacher | Antike Staatskunde II. Die Verfassung der klassischen römischen Republik | Wirklich gut war Schumacher in antiken Hilfswissenschaften. Seine Vorlesung setzte ziemlich viel Griechisch voraus, was für viele Kommilitonen nicht besonders erfreulich war. |
1986W | Werner Paravicini | Europa im 15. Jahrhundert | |
1987S | Werner Paravicini | Die Kreuzzüge des späten Mittelalters (14. und 15. Jahrhundert) |
Von meinem Promotionsstudium habe ich leider keine vollständige Veranstaltungsliste mehr. Mit Sicherheit belegte ich Veranstaltungen bei Hermann Kulke, der 1988 Professur für Asiatische Geschichte wurde, und Werner Paravicini. Beide waren sie Betreuer meiner damals entstandenen Dissertation. Gleichzeitig studierte ich Japanologie an der Universität Hamburg, u.a. bei Klaus Antoni und Roland Schneider.