Mit seinem überzeugenden Sieg bei der Neuwahl des Parteivorsitzenden der Demokratischen Partei hat Kan Naoto 菅直人 zwar fürs erste sein Ministerpräsidenten-Amt gerettet und damit Japan den fünften Wechsel in dieser Position binnen vier Jahren erspart.
Man ist aber wenig geneigt, dies als Konsolidierung seiner „Macht“ anzusehen. Wer hat im Augenblick die „Macht“ in diesem an Problemen nicht armen Land?
Daß Japans Ministerpräsidenten zeitlich und politisch nur sehr begrenzte Macht haben und sich (seit den 1990er Jahren zumal) mehr um die Frage ihres eigemen politischen Überlebens als um die Überlebensfragen ihres Landes kümmern müssen, ist ja sattsam bekannt. Wirklich starke Männer (oder gar Frauen) können so nicht aufkommen.
Die politische Führungslosigkeit, die Japan wegen der routinemäßigen Neuwahl der Parteivorsitzenden jedes Jahr mindestens von August bis September heimsucht, ist symptomatisch für die strukturelle Führungslosigkeit des Landes. Solange eine starke und selbstbewußte Beamtenschaft dies ausgleichen konnte, mag dies erträglich gewesen sein. Seit aber dieselben Politiker, die nicht willens und nicht in der Lage sein, das Land verantwortlich zu führen und auf ihren Posten auszuharren, bis ihre Arbeit getan ist, die Beamten als Reformverweigerer denunziert und ihre eigene Führungsverantwortung großspurig deklariert haben, ist das Chaos perfekt.
Verantwortung ist dafür da, daß man sie trägt. Dazu gehört Nachhaltigkeit. Wer in die Politik geht, sollte dies wissen und sich entsprechend verhalten.
Ach ja: Tokyos rechtsradikalem Gouverneur Ishihara Shintarō kann man ja nicht nachsagen, er beweise kein Stehvermögen. Durch seine fehlgeleitete Mittelstandsförderpolitik hat er gerade die zweite Geschäftsbank in der Bucht von Tokyo versenkt. Die Schuld dafür schiebt er jetzt der Zentralregierung zu. Auf japanisch heißt dieses Spiel Babanuki (Schwarzer Peter). Das beherrschen Japans Politiker aus dem Effeff.