Die Stromzufuhr des aus drei Reaktoren bestehenden Atomkraftwerks Tomari 泊発電所 im Süden der japanischen Insel Hokkaidō 北海道 kam nach einem schweren Erdbeben in der Nacht zum 6. September 2018 zehn Stunden lang vollständig zum Erliegen. Der Betrieb des Kraftwerks, das mit 2.070 MW rund 40 % des Gesamtstromverbrauchs der Insel bedienen soll, ruht seit dem Atomunfall von Fukushima 2011, doch lagern in den Abklingbecken der Reaktoren mehr als 1.500 radioaktive Brennstäbe. Mittlerweile ist die Stromzufuhr wiederhergestellt. Die Wiederaufnahme des Betriebs sollte in wenigen Wochen erfolgen. Dies erscheint nun jedoch fraglich.
Doch nicht nur das Kernkraftwerk war betroffen. „Außerhalb jeder Erwartung“ (sōteigai 想定外) des zuständigen Energieministeriums mußten auch die drei thermischen Kohlekraftwerke des Kraftwerkomplexes Tomatōatsuma 苫東厚真発電所 in der Nacht ihren Betrieb einstellen. Dadurch entstand auf einen Schlag ein Verlust von 1.650 MW Leistung. In Atsuma 厚真 erreichte die Stärke des Erdbebens die Stufe 7 auf der japanischen Skala — ein Spitzenwert, der auf katastrophale Verwerfungen an der Oberfläche hinweist. Mehr als 20 Menschen wurden bei einem verheerenden Erdrutsch verschüttet, der auch Häuser und Straßen unter sich begrub. Das Erdbeben ereignete sich kurz nach 3 Uhr nachts (05:03:59 UTC) nahe Tomakomai 苫小牧 in einer Tiefe von 35 km mit einer Raumwellenmagnitude von 4,4 mb. Ihm folgten stundenlang schwere Nachbeben.
Die vollständige Wiederherstellung der Stromversorgung auf der Insel wird es nach Mitteilung des Wirtschaftsministeriums eine Woche dauern. Doch die Folgen des Bebens, das in weiten Teilen Japans zu spüren war, gehen weit darüber hinaus. Selbst in Sapporo 札幌, der größten Stadt Hokkaidōs, trat Bodenverflüssigung auf und beschädigte Straßen und Bauwerke.
Zur Beratung von Ausländern, die von dem Beben betroffen sind, hat die Präfektur telefonische Hotlines in englischer, chinesischer und koreanischer Sprache eingerichtet.