Bei meinem Besuch am Wadazumi-Schrein auf der Insel Tsushima fiel mir im August 2014 ein Plakat ins Auge, das vor dem japanischen Sonnenbanner das Gesicht einer jungen Frau mit einer leicht geschminkten Wange zeigt, garniert mit dem Spruch: „Gut, daß ich Japaner(in) bin“ 私、日本人でよかった.
Das Plakat stammt vom Zentralverband der japanischen Shintōschreine (Jinja Honchō 神社本庁) und gehört zu einer Kampagne, mit der in Japan für Patriotismus — oder/und Nationalismus und/oder Chauvinismus — geworben werden soll. In diesem Fall lautete die sehr klein gedruckte Botschaft: „Laßt uns mit Stolz das Sonnenbanner hissen.“
Das Ungeheuerliche an dieser Aussage ist natürlich, was hiermit implizit über „die anderen“ ausgesagt wird: Schlecht, wenn ich Koreaner(in) wäre. Oder: Schlecht, wenn ich Chinesin wäre.
Vor wenigen Wochen wurde dieses Plakat auch massenhaft in der Touristenstadt Kyōto, wo es jahraus, jahrein von Koreanerinnen und Chinesinnen wimmelt, aufgehängt. Viele, auch Japaner(innen), wunderten sich der Rede — und einige forschten nach. Und stellten fest:
Die junge Frau auf diesem Plakat hat Pech. Sie ist nämlich keine Japanerin. Das Originalfoto stammt von Getty Images, wurde 2009 in Beijing produziert und zeigt laut der Produktionsfirma Blue Jean Images eine waschechte Chinesin.
Pech für die Shintō-Nationalisten, daß man zwischen Japanerinnen und Chinesinnen so schlecht unterscheiden kann. Gut für die Menschheit, daß wir einander ähnlicher sind, als viele uns weismachen wollen.