Der 2012 als Nachfolger des Rechtsextremisten Ishihara Shintarō zum Gouverneur von Tōkyō gewählte Inose Naoki 猪瀬直樹 hat in einem Interview in New York die Kandidatur seiner Stadt für die Olympischen Spiele 2020 in einer Weise vertreten, die von den Mitbewerbern — insbesondere Istanbul — nur als beleidigend und peinlich verstanden werden kann. Die New York Times wertet seine Äußerungen als Verstoß gegen den IOC-Kodex für Olympiakandidaten. Laut einem NYT-Artikel vom 26.4. sagte Inose u.a. über Istanbul und die Türkei:
Das einzige, was islamische Länder gemeinsam haben, ist Allah und daß sie gegeneinander kämpfen, und sie haben Klassen.
Inose führte weiter aus, Tōkyō sei wegen seines Kaiserpalastes im Stadtzentrum einzigartig. „Das Zentrum von Tōkyō besitzt Leere. Dies ist ein einzigartiger Weg, um Modernisierung zu erreichen.“ (Das Konzept der „leeren Mitte“ stammt vom Psychologen Kawai Hayao 河合隼雄.)
Dem Hinweis, die Bevölkerung von Istanbul sei jünger und könne sich daher für die Olympischen Spiele leichter begeistern, begegnete er mit dem Argument, die Einzigartigkeit der japanischen Kultur habe sich auch in der Langlebigkeit seiner Bewohner niedergeschlagen. Daran könne sich die Türkei ein Beispiel nehmen:
Ich bin sicher, daß die Menschen in der Türkei lange leben wollen. Und wenn sie lange leben wollen, sollten sie eine Kultur wie die, die wir in Japan haben, schaffen. Bei ihnen gibt es vielleicht viele junge Leute, aber wenn sie jung sterben, bedeutet das nicht viel.
Der Bewerbung Tōkyōs hat Inose mit diesen arroganten und ignoranten Äußerungen sicher schweren Schaden zugefügt. Als würdiger Nachfolger des für seine des öfteren mit wohlkalkuliertem Rassismus unterlegten Äußerungen bekannten Ishihara hat sich Inose allerdings hiermit bewiesen. In einem Meinungsklima, in dem es in Japan wieder chic geworden ist, solchen Unsinn zu äußern, steht ihm zweifellos noch eine lange politische Karriere bevor.