Während der laufenden Tagung des Internationalen Währungsfonds in Tokyo ereignete sich — nicht ganz ungewöhnlich für die Region — ein Erdbeben. Carsten Germis, der dort stationierte Korrespondent der FAZ, hat es in einer Extrameldung auf der Hauptseite des Wirtschaftsteils der FAZ vom 13.10.2012 (Nr. 239, S. 11) nebst einem hübschen Foto des neuen, mehr als 600 Meter hohen „Sky Tree“ untergebracht: mit der spektakulären Überschrift „Stärke 5,0“.
Der besorgte Leser liest darin:
Während der Jahrestagung ließ ein Beben der Stärke 5,0 in den Mittagsstunden Hochhäuser schwanken. Schäden gab es nicht. … Das Zentrum des Erdbebens lag rund 40 Kilometer entfernt.
Was er wieder einmal nicht erfährt: Daß deutsche Journalisten trotz den Ereignissen von 2011 immer noch nicht gelernt haben, sich präzise auszudrücken, und statt dessen lieber mit dem ominösen Wort „Stärke“ operieren. Tatsächlich registrierte das japanische Wetteramt am 12.10. um 13:57 h ein Beben der Magnitude 5,0. Das Zentrum des Erdbebens lag nicht 40, sondern 80 Kilometer vom Zentrum Tokyos entfernt. Und es ereignete sich 40 km unterhalb der Erdoberfläche. Daraus ergibt sich recht logisch, daß das Erdbeben in manchen Teilen Tokyos mit einer Intensität von 2 auf der japanischen Skala, meistens aber nur mit 1 zu spüren war.
D.h. faktisch, daß die meisten Menschen in Tokyo gar nichts gespürt haben und daß die Gefahr von Schäden gleich null war.
Und es bedeutet eine Bestätigung meines Vorurteils, daß deutsche Journalisten an der japanischen Wirklichkeit nicht ernsthaft interessiert sind. Sondern nur an möglichst gruseligen Schlagzeilen.