In zweiter Instanz hat das Oberlandesgericht Tokyo am 29. Juni den Kamerahersteller Nikon dazu verurteilt, eine (ohnehin bereits seit dem 26. Juni laufende) Ausstellung mit Fotos von sog. Trostfrauen (ianfu 慰安婦), die während des Zweiten Weltkrieges zur Arbeit in japanischen Militärbordellen gezwungen wurden, in seiner Ausstellungshalle Nikon Salon in Tokyo zu zeigen.
Die Idee zur Ausstellung hatte der südkoreanische Fotograf Ahn Sehong 安世鴻. Ende 2011 hatte er Nikon das Ausstellungsprojekt vorgelegt und eine Zusage erhalten. Als im Internet und durch direkte Telefon- und Email-Interventionen bei der Firmenzentrale nationalistische und rechtsextreme Kreise erregten Protest einlegten („Vaterlandsverrat“), bekam Nikon offenbar kalte Füße und wollte Ahn „wegen des politischen Charakters“ der Fotos absagen. Ahn klagte dagegen und bekam in beiden Instanzen recht.
Nikon reagierte auf das Urteil mit bemerkenswerter Demut. Auf der englischen Homepage des Nikon Salon liest sich dies wie folgt:
Tue., Jun 26 – Mon., Jul 9
Although the originally scheduled photo exhibition by Ahn Sehong was canceled for certain reasons, the Tokyo High Court has issued a provisional disposition order allowing the temporary use of the Shinjuku Nikon Salon for Mr. Ahn’s exhibition. In accordance with this provisional disposition, the Shinjuku Nikon Salon will be temporarily used for Mr. Ahn’s exhibition.
Erleichtert zeigt sich auch die nicht-nationalistische Öffentlichkeit. Im Magazin Shūkan Kinyōbi 週刊金曜日 stellte die Journalistin Segawa Makiko 瀬川牧子 bereits vor dem erlösenden Urteil die bange Frage:
„Gibt es in unserem Land nicht nur keine Meinungsfreiheit, sondern auch keine Würde und keine Standhaftigkeit?“
Darum hat man sich in Japan schon öfter Sorgen machen müssen — allzu häufig nehmen Unternehmen, Medien und Behörden falsche Rücksicht auf den Gesinnungsterror von Rechts. Zum Glück gibt es noch Richter in Tokyo, die das Land vor der größten Schande bewahren.