Kokuriko-zaka kara コクリコ坂から („Vom Klatschmohn-Hügel“) heißt der neue Film, der unter der Regie von Miyazaki Gorô 宮崎吾朗 entstanden ist und jetzt in Japans Kinos läuft. Ich habe ihn mir heute in Tachikawa angesehen und finde ihn sehr gut gelungen. Gorô hat im Vergleich zu Gedo Senki eindeutig hinzugelernt.
Inhaltlich ist der Film eine zarte Liebesromanze zwischen Umi 海, die von ihren Freunden Mèr gerufen wird, und Shun 俊, zwei Oberschülern, die — ohne es zu wissen — mehr verbindet als nur das gemeinsame Anliegen, das in die Jahre gekommene „Quartier Latin“ genannte Haus der Oberschul-Klubs vor dem Abriß zu bewahren. Das Meer verbindet die Stadt mit der Außenwelt und die Schicksale der Kinder. Als sie dahinterkommen, erlebt ihre erste Liebe eine heftige Krise — getreu dem Motto: eine gute Liebesgeschichte ist wie ein Paar O-Beine: Erst haben sie sich, dann gehen sie auseinander, und zum Schluß … Aber wer weiß. Wir wollen nicht alles verraten.
Der Film spielt 1963, also nach „Totoro“ und vor den „Yamadas“. Das Milieu ist die damalige japanische Alltagswelt; aus der Sicht der Kinder eben: Schule und Familie. Er schließt im Ghibli-Zyklus damit die Lücke zwischen den Kindergarten-Kindern in „Ponyo“, den Grundschülern in „Omoide Poroporo“, den Mittelschülern in „Mimi wo sumaseba“ oder „Arietti“ und den jungen Erwachsenen in „Howl“.
Die Bilder überzeugen mit schönen Farben und liebevoll gezeichneten Details. Daß die Figuren wie in „Ged“ hoch aufgeschossen wirken und sich beim Laufen leicht abgehackt bewegen, ist wohl Gorôs Markenzeichen geworden.
Und der Kenner genießt wieder die selbstreferentiellen Gags: Ein großes Schiff namens „Mitakamaru“ fährt vorbei (in Mitaka stand das erste Studiogebäude), gefolgt von einem Schiff der „Koganei-Line“ (wo sich das Studio Ghibli jetzt befindet; schon das Schiff in „Ponyo“ hieß bekanntlich Koganeimaru), und das größte und wichtige Schiff von allen trägt auf dem Schornstein die Bezeichnung „Ghibli“. Ganz klar: Dort kommt dieser Film her, und er paßt wunderbar dorthin.
Kinder werden wohl Action und Dramatik vermissen. Ältere Jugendliche, junge Erwachsene und deren Eltern bildeten in meiner Vorführung am Nachmittag das Publikum. Ich bin sicher, daß sie den Film genauso genossen haben wie ich.
1
Aug 2011