Alexander Menden zitiert in der „Süddeutschen Zeitung“ den Londoner Bürgermeister Boris Johnson mit der Äußerung, ein Vergleich der Figuren des Parthenonfrieses mit den „uniformierten Handlangern“ der chinesischen Terracotta-Armee zeige, „warum Demokratie und Individualismus in Westeuropa ihren Anfang nahmen, und nicht in Ostasien“ (Alexander Menden, „Don King der Kunstdebatten“, SZ Nr. 130 v. 6.6.2008, Feuilleton, S. 13).
Geißelt Johnson damit etwa die „barbarischen asiatischen Kampfmethoden“, die z.B. dem Kommissar-Befehl der Wehrmacht von 1941 zum Vorwand für die bedingungslose Liquidierung der sowjetischen Politkommissare lieferten, so, wie sie Kaiser Wilhelm II. noch viel früher zu seiner „Hunnenrede“ inspirierten?
Ein Vergleich mit der britischen Presse zeigt allerdings, daß Johnson tatsächlich nur von „uniform stooges“ sprach, also „einförmigen Handlangern“, und damit offensichtlich lediglich das nicht minder beliebte westliche Klischee bedienen wollte, alle Asiaten sähen gleich aus. Zumindest jene in der Grabkammer des Ersten Kaisers von China, die ja seit Jahren auf Wandertournee durch die westliche Welt geschickt werden.
Doch selbst diese Pointe ist fragwürdig. Schließlich weiß jeder, der die Soldaten selbst gesehen hat, daß jede bisher gefundene Terracotta-Figur in Wirklichkeit einzigartig ist, daß ihre Gesichtszüge individuell sind und daß von Einförmigkeit gerade in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein kann.
Es ist an diesem Vergleich also alles deplaziert: Johnsons Original-Äußerung ebenso wie Mendens Verballhornung ergeben keinen Sinn. Aber beide Mißgriffe zeigen wieder einmal exemplarisch, wie wenig genau wir Europäer hinsehen, wenn es um die Fremde geht.

    Ein paar \"uniforme\" Uniformträger aus dem Grab des Chin Shï Huangdi bei Shian


    Zu dieser Meldung erreichte mich am 1.8.2008 folgender Kommentar von Alexander Menden, den ich mit seiner Genehmigung hier wiedergebe:

    Mir wurde zugetragen, Sie seien jüngst in Ihrem Blog auf einen kleinen Artikel über Boris Johnson eingegangen.
    Da ich mich über jede Auseinandersetzung mit meinen Veröffentlichungen freue (und Sie zudem, wie ich erfuhr, seit Neuestem Professor an meiner geschätzten alma mater sind), habe ich Ihren Beitrag nachgelesen und möchte kurz Ihre Richtigstellung richtigstellen: Boris Johnson sprach bei besagtem Dinner in der Royal Academy tatsächlich von „uniformed stooges“, nicht „uniform stooges“, wie es die geschätzte Kollegin vom Evening Standard schrieb, und wie es alle anderen Kommentatoren, die selbst nicht zugegen waren, von dieser abschrieben.
    Ich gebe Ihnen übrigens recht, dass beide Umschreibungen nicht wirklich zulässig sind, wobei ich mich Johnsons Präferenz – in diesem Fall – allerdings rein ästhetisch durchaus anschließe.