Vor fünf Jahren kam ein elfjähriges Mädchen in Ōsaka bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Die Verantwortung dafür liegt unstrittig beim Verursacher des Unfalls. Wie in solchen Fällen üblich, berechnet das zuständige Landgericht den den Eltern dafür zustehenden Schadenersatz, juristisch korrekt „entgangener Gewinn“ (isshitsu rieki 逸失利益) genannt, auf der Grundlage des erwarteten Lebenseinkommens. Dabei wird das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Arbeitnehmers zugrundegelegt. Doch das verstorbene Mädchen war hörgeschädigt. Der Unfallgegner verlangte wegen dieser Behinderung deshalb zunächst eine Reduktion der Berechnungsquote auf 40 %, später 60 % des Durchschnittseinkommens. Das Landgericht Ōsaka setzte die Quote nun auf 85 % fest, denn trotz festgestellter schulischer Begabung und großen Fleißes des Unfallopfers sei aufgrund seiner Behinderung nicht zu erwarten gewesen, daß es ein Durchschnittseinkommen hätte erzielen können. Deshalb erhielten die Eltern nur rund 37 Mio. Yen (257.000 EUR) zugesprochen.
Die Eltern halten dies nicht für akzeptabel. Sie sehen in dieser Entscheidung des Gerichts eine Diskriminierung behinderter Menschen und wollen das Urteil anfechten. Der Vater erklärte:

Es ist ein enttäuschendes Gefühl, daß das Gericht letztendlich eine Diskriminierung anerkannt hat. Warum sollte dem Fleiß meiner Tochter die Anerkennung verweigert werden? Ich bin überaus frustriert.

Die bisherige Rechtsprechung in solchen Fällen ist in Japan nicht einheitlich. Das Landgericht Tōkyō wertete vor vier Jahren die geistige Behinderung eines durch einen Unfall ums Leben gekommenen Jungen nicht als Grund, die Schadensersatzansprüche zu mindern.

Das Beitragsbild zeigt das Landgericht Ōsaka.