Nicht wirklich zufrieden wirkt die japanische Bevölkerung mit dem Wechsel des Ministerpräsidenten und der meisten Kabinettsmitglieder, den die regierende Liberaldemokratische Partei vollziehen ließ. Nach einer Meinungsumfrage des staatlichen Senders NHK erklären zwar 42 % der Befragten, die am 4.10.2021 gebildete neue Regierung unter Kishida Fumio 岸田文雄 zu unterstützen, während 24 % das Gegenteil meinten; doch liegt die Zustimmungsrate erheblich niedriger als beim Amtsantritt seines Vorgängers Suga Yoshihide 菅義偉 im September 2020, den damals 62 % der Befragten unterstützen. Sugas Zustimmungsrate halbierte sich allerdings innerhalb eines Jahres, was ein wesentlicher Grund für seinen Rücktritt war.
Die LDP wechselte den Ministerpräsidenten, weil eine Unterhauswahl bevorsteht und man sich einen Amtsbonus für das neue Gesicht an der Spitze erhofft. Allerdings ist Kishida ein so arrivierter Vertreter der alten Garde innerhalb der LDP, vertritt unpopuläre Ansichten und erhält so offensichtlich Unterstützung seines Vorvorgängers Abe Shinzō 安倍晋三, daß dieser erhoffte Effekt wohl niedriger ausfällt als erwartet. In derselben Umfrage finden 45 % das von Kishida gebildete Kabinett gut oder sehr gut, aber 46 % finden es schlecht oder sehr schlecht. 57 % wollen nicht, daß die Kishida-Regierung unter Abes Einfluß steht.
Ein bißchen Wechselstimmung kann man aus der Umfrage auch herauslesen. Während nämlich 25 % sich von den Neuwahlen eine Stärkung des Regierungslagers erhoffen, wollen 28 % die Opposition gestärkt sehen. Für einen Regierungswechsel wird dies vermutlich nicht reichen. Aber ein Warnzeichen für die Regierung dürfte dies schon sein.
Im übrigen befürchten 80 % der Japaner, nach der kürzlichen Aufhebung des Corona-Notstandes werde es zu einer neuen Infektionswelle kommen. Gleichwohl ist die Corona-Bekämpfung nur für ein Fünftel (20 %) von ihnen ein für ihre Wahlentscheidung wichtiges Thema. Ein Drittel hält die Wirtschaftspolitik, 23 % halten die Umwelt- und Energiepolitik für wichtiger.