Der Gouverneur von Tōkyō, Masuzoe Yōichi 舛添要一, steht kurz vor dem Verlust seines Amtes. Ihm werden die Verschwendung von Steuergeldern durch überhöhte Aufwendungen bei Dienstreisen, der Mißbrauch von Dienstwagen sowie die Verwendung von politischen Spenden für private Zwecke vorgeworfen.
Der 67-jährige Masuzoe ist erst seit Februar 2014 mit Unterstützung der rechtsbürgerlichen Parteien ins Amt gewählt worden. Offiziell ist er parteilos, gehörte jedoch bis 2010 der Liberaldemokratischen Partei (LDP) an, für die er lange im nationalen Parlament saß. Von 2007 bis 2009 war er auch Arbeits- und Gesundheitsminister, anfangs unter dem damaligen und heutigen Ministerpräsidenten Abe Shinzō 安倍晋三. Er galt als Hoffnungsträger der LDP, hielt jedoch in den Jahren 2010 bis 2013 nahezu gleichen Abstand zu LDP und ihrer bürgerlichen Konkurrenz, der Demonkratischen Partei. Als Tōkyōs Gouverneur Inose Naoki Ende 2013 wegen eines Parteispendenskandals zurücktreten mußte, kandidierte er mit Unterstützung der LDP und wurde bei sehr geringer Wahlbeteiligung mit 43 % der Stimmen gewählt.
Vor allem wegen der Organisation der Olympischen Spiele 2020 in Tōkyō führte Masuzoe zahlreiche Dienstreisen durch. Nun wurde ruchbar, daß er dabei häufig unerhört hohe Spesen in Anspruch nahm. Potentiell noch gefährlicher ist der Verdacht, daß er politische Spenden für private Zwecke mißbrauchte: Er ging mit diesen Geldern mehrfach mit seiner Familie in Nobelrestaurants essen und ersteigerte bei Internet-Auktionen für sich Kunstgegenstände. Auf Nachfragen hat er bisher nach Ansicht der Öffentlichkeit und der im Präfekturparlament vertretenen Parteien nicht befriedigend antworten können. Das Parlament von Kiyose 清瀬, einer der zur Präfektur Tōkyō gehörigen Städte, hat deshalb einstimmig seinen Rücktritt gefordert. In weiteren Städten stehen entsprechende Resolutionen an.
Nun hat auch ein enger Vertrauter von Ministerpräsident Abe, der ehemalige Kultusminister Shimomura Hakubun 下村博文, öffentlich geäußert, falls die Oppositionsparteien im Präfekturparlament einen Mißtrauensantrag gegen Masuzoe einbrächten, könne die LDP hierzu schlecht Nein sagen. Die Opposition hat einen solchen Antrag bereits angekündigt. Für den 13. und 20. Juni sind zwar noch offizielle Anhörungen im Präfekturparlament geplant, doch es riecht bereits stark nach Rücktritt — wieder einmal.