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Sankei: Japans Gelehrte sind politische Trottel

Das rechtsgerichtete japanische Revolverblatt Sankei Shinbun 産経新聞, das am vehementesten die politische Linie von Ministerpräsident Abe Shinzō 安倍晋三 unterstützt, vertritt in einem Kommentar seines Redakteurs Kuroda Katsuhiko 黒田勝弘 vom 1.6.2015 die Meinung, traditionell seien japanische Gelehrte in Japan (anders als in Korea) stets als politische Dummköpfe betrachtet und deshalb nicht ernstgenommen worden. Diese Einstellung erkläre, weshalb man auch diesmal die Erklärung der rund 7.000 Historiker zur Trostfrauenfrage in japanischen Medien nicht weiter ernstnehme.

In Japan werden sie zwar respektiert, aber es gibt auch die Wörter „gelehrte Trottel“ oder, im Wortspiel mit dem Wort „Doktor“ (hakase 博士), den Ausdruck „Dok-Toren“ (bakase). Als Spezialisten für ein enges Feld wurden sie für weltfremd gehalten, und ihre politischen Äußerungen wurden von der Öffentlichkeit nicht unbedingt geschätzt.

Ja, so ist das bis heute. Daran will auch die Sankei natürlich nichts ändern. Denn dann müßte man ja nicht nur regierungskritische Äußerungen von Historikern zur Vergangenheit, sondern z.B. auch von Naturwissenschaftlern zur Zukunft der Atomenergie zur Kenntnis nehmen. Aber wer will das schon in aller japanischen Öffentlichkeit?
Der Artikel enthält auch eine Spitze gegen koreanische Gelehrte, die ihre japanischen Kollegen schon öfter damit „überrascht“ hätten, plötzlich in die Politik gewechselt zu sein. Abgesehen davon, daß dies in den guten, alten Zeiten vor und nach 1945 auch in Japan durchaus passiert ist — der Grund, warum das kaum ein japanischer Wissenschaftler heute wagt, ist doch ganz einfach: Das Image der japanischen Politiker ist so schlecht, daß sich dies freiwillig kaum ein vernünftiger Mensch antun möchte.