Eine japanische Bürgerinitiative wirbt laut Asahi Shinbun 朝日新聞 vom 1.8.2014 (Abendausgabe) dafür, den in der Mitte des 17. Jhs. durch Blitzschlag zerstörten Turm der Burg Edo (einst Stammsitz der Tokugawa-Shogune, heute Kaiserpalast in Tokyo) bis zu den Olypmischen Spielen 2020 wiederaufzubauen. Man erhofft sich dadurch ein neues Wahrzeichen „wie die Freiheitsstatue von New York“. Die Kosten für den 53 m hohen Nachbau sollen lächerlicher 35 Mrd. Yen (heute: 254 Mio. Euro) betragen.
Bei allem Respekt vor den Tokugawa und ihren historischen Leistungen:
Erstens hat Tokyo schon jede Menge beeindruckende Türme und Japan insgesamt eine Menge schöner und berühmter Burgtürme. Himeji z.B. ist sogar echt und kein billiges Beton-Imitat (solche gibt es bekanntlich schon in Osaka und Nagoya).
Zweitens ist die Freiheitsstatue von New York eben das Symbol von Freiheit und Ankunft in der Moderne — was durch einen feudalen Burgturm wohl kaum imitiert werden kann.
Drittens (und das sollte den Ausschlag geben) ist Japan über beide Ohren verschuldet und hat viele, viele andere Baustellen, die vorher bearbeitet werden sollten — das braucht das Land nun wirklich dringender als ein neues Wahrzeichen für Tokyo.
Das wußten übrigens schon die Tokugawa. Nachdem der Turm zerstört war, gab es eine Anfrage, ob er wieder aufgebaut werden sollte. Nein, ließen die Tokugawa knapp mitteilen: kein Geld und auch kein Bedarf.
Von der Weisheit und dem Pragmatismus ihrer Vorfahren könnten die heutigen Japaner in der Tat viel lernen.