Japans Kultusminister Shimomura Hakubun 下村博文, der dem rechten Flügel der regierenden Liberaldemokratischen Partei zugerechnet wird und bislang schon durch stramm nationalistische Äußerungen hervorgetreten ist, findet die Werte des 1890 verkündeten Kaiserlichen Erziehungserlasses „auch heute noch absolut zutreffend“. Das teilte er einem kommunistischen Abgeordneten auf dessen Anfrage im Parlament mit.
Die in diesem Erlaß enthaltene, zutiefst neokonfuzianische Formulierung „Unsere Untertanen sind in unverbrüchlicher Treue gegen den Herrscher und in kindlicher Liebe zu den Eltern stets eines Sinnes gewesen und haben von Geschlecht zu Geschlecht diese schöne Gesinnung in ihrem Tun bekundet“ bezeichnete Shimomura als „Ausdruck des japanischen Nationalcharakters“. Freilich habe er nicht die Absicht, den Erlaß (der vor dem Zweiten Weltkrieg als Heilige Schrift des Erziehungswesens galt, nach 1945 aber nicht mehr eingesetzt wurde) wieder zu reaktivieren: Erstens seien die Japaner heute, anders als im Erlaß beschrieben, keine „Untertanen“ mehr, und zweitens sei der Erlaß vom japanischen Militarismus mißbraucht worden.