Man mag die Entscheidung der japanischen Regierung zum Wiederanfahren des AKW Ōi bedauern und kritisieren — ich tue es auch. Dennoch sollte man auch anerkennend zur Kenntnis nehmen, daß die Regierung versucht hat, den Entscheidungsprozess transparent zu gestalten und argumentativ zu untermauern (s. die Homepage des Ministerpräsidenten zu diesem Thema). Immerhin hat sich die Regierung damit öffentlich darauf festgelegt, „die Abhängigkeit von Atomenergie auf das mögliche Minimum zu reduzieren“ und „alle Anstrengungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien und fürs Energiesparen zu unternehmen“. AKWs sollen ihren Betrieb nur wiederaufnehmen, wenn es „sicher und notwendig“ sei. Das mag man alles für Propaganda halten und insbesondere infrage stellen, ob denn die Sicherheit (z.B. der Schutz vor Riesentsunamis) tatsächlich ausreichend geprüft wurde. Aber der Unterschied zur Zeit vor 2011 ist schon beachtlich.
Übrigens spielen in dieser gesamten Frage finanzielle und wirtschaftliche Rolle natürlich die Hauptrolle — gewiss nicht nur bei den Aktionären, die jetzt ins Schußfeld von Greenpeace geraten sind. Und das gilt auch nicht nur in Japan. Umfragen in Deutschland zeigen, dass der Großteil der Bevölkerung die Energiewende nur mittragen will, wenn sie nicht zu teuer wird. Im Mai 2012 antworteten 59 % auf die Frage, wie viel sie jährlich für den Ausbau der erneuerbaren Energien zusätzlich zahlen können oder wollen, schlicht: „Gar nichts“. 29 % würden bis 100 Euro beitragen.
Ähnliche Zahlungsunwilligkeit wird man auch für Japan annehmen können. Das ändert sicher nichts an der Notwendigkeit zum Handeln. Aber es weckt Verständnis für die Schwierigkeiten auch noch des ausstiegswilligsten Politikers, sich politisch durchzusetzen und dabei die nächste Wahl zu überleben.